
Mit Solarstrom in die Zukunft
Der Zubau an Solaranlagen in der Schweiz hat sich in den letzten Jahren stark beschleunigt. Strom aus Photovoltaik hat im Jahr 2024 erstmals die 10% Schwelle überschritten. Für 2025 schätzt Swissolar, dass 14% des schweizerischen Strombedarfs durch Solaranlagen abgedeckt werden – Tendenz weiterhin steigend. In Zahlen sind das für 2024 6’100 GWh beziehungsweise 6.1 TWh, durchaus eindrücklich.
Das ist sehr erfreulich und auch notwendig, denn wenn wir unsere Energieversorgung innert nützlicher Frist dekarbonisieren wollen, sind wir auf Stromproduktion aus Sonnenlicht dringend angewiesen.
Der Erfolg und das zunehmende Angebot an Solarstrom führt aber auch dazu, dass die Einspeisetarife fallen. Wenn ich den produzierten Strom ins Netz einspeise und meinem Verteilnetzbetreiber (VNB, also das EW) verkaufe, bekomme ich dafür immer weniger bezahlt. Die Vergütung für eingespeisten Solarstrom variiert zwar zwischen den verschiedenen Betreibern, es setzt sich aber immer häufiger eine Kopplung an den Referenzmarktwert für Solarstrom durch. Und dieser Referenzmarktwert hat es in sich, denn er befindet sich im freien Fall. Während er sich in den Winterquartalen noch im Bereich von 6-10 Rappen bewegt, waren im Sommer 2024 nur gerade 3.3 Rappen pro kWh Solarstrom zu holen.
Dummerweise produzieren PV-Anlagen bekanntlich im Sommer am meisten Strom. Mit solchen Einspeisetarifen lässt sich eine Photovoltaikanlage kaum mehr wirtschaftlich betreiben. Zusammen mit der einmaligen Einspeisevergütung und dem Verkauf des Herkunftsnachweises (HKN), lässt es sich knapp über die Runden kommen.
Es ist jedoch zu befürchten, dass der Referenzmarktpreis in Zukunft weiter sinken wird und sich in den nächsten Jahren auf knapp unter 3 Rappen einpendeln wird. Was der HKN noch Wert sein wird, wenn Solar das neue Normal wird, steht ebenfalls in den Sternen.

Eigenverbrauch als Rettung
Zum Glück können wir den selbst produzierten Solarstrom auch selbst konsumieren. Das lohnt sich nämlich, unabhängig vom Einspeisetarif. Der Solarstrom vom eigenen Dach wird noch lange deutlich günstiger sein, als der Strom vom EW. Der Grund dafür liegt bei den Netzgebühren.
Die Verteilnetzbetreiber (EW’s) betreiben unter anderem Verteilnetze (darum heissen sie so). Das heisst sie bauen Leitungen, welche den Strom dorthin verteilen, wo er gebraucht wird. Das ist alles recht aufwändig und teuer und muss bezahlt werden. Darum findet sich auf der Stromrechnung neben dem eigentlichen Energiepreis ein Teil mit Netzgebühren und sonstigen Abgaben. In der Summe machen diese Gebühren etwa die Hälfte des zu bezahlenden Strompreises aus.
Das Gute am Eigenverbrauch ist nun, dass für den selbst produzierten Strom diese Abgaben wegfallen. Ist ja auch logisch, der Strom fliesst ja gar nicht über das Verteilnetz. Wenn ich nun den Preis meines Solarstroms etwas tiefer ansetze als den Netzstrom + Abgaben ist das attraktiv und die Solaranlage damit rentabel. Denn auch etwas weniger als 20 Rappen ist deutlich mehr als ich beim Einspeisen erhalten würde.

Zusammen mit ZEV
Eigenverbrauch heisst also die Devise. Aber was, wenn ich ein grosses Dach habe, das viel mehr Solarstrom produziert, als ich selbst verbrauche? Dann komme ich nicht auf einen vernünftigen Anteil an Eigenverbrauch und muss den Rest zum unattraktiven Einspeisetarif dem EW abgeben.
Ich könnte den Strom meinem Nachbarn, sei es im gleichen Haus oder im Nachbarhaus, verkaufen. Seit 2018 darf man das in der Schweiz tatsächlich tun, ohne dass man für die Stromleitung zum Nachbarn im gleichen Haus Netzgebühren entrichten müsste. Das System heisst ZEV (Zusammenschluss zum Eigenverbrauch).
Mit dem neuen Energiegesetz von 2025 hat der ZEV Nachwuchs bekommen: neu gibt es den vZEV (virtueller ZEV), der das Ganze so vereinfacht, dass die bestehenden EW Zähler für die Abrechnung genutzt werden können. Und ab 2026 wird es noch die LEG (lokale Energiegemeinschaft) geben, aber dazu ein andermal mehr. Für eine gute Übersicht über all diese Zusammenschlüsse siehe Lokaler Strom.

EVG – der ZEV im Schafspelz
Eine Eigenart von ZEV und vZEV ist, dass der Zusammenschluss als solcher Kunde des Verteilnetzbetreibers wird. Die einzelnen ZEV Teilnehmer treten aus der Grundversorgung aus und werden Mitglied der zu konstituierenden ZEV Gesellschaft (im einfachsten Fall eine formlose einfache Gesellschaft). Das heisst sie sind nicht mehr direkt Kunde des Verteilnetzbetreibers. Das stellt eine gewisse Schwelle dar, denn man begibt sich für seinen Strombezug komplett in die Hände des ZEV Betreibers. Ausserdem ist der ZEV Betreiber für die Stromrechnungen zuständig und trägt das Rechnungs-Risiko gegenüber den Teilnehmern. Für beide Seiten nicht nur attraktiv.
Wäre doch irgendwie praktisch, wenn das einfacher ginge. Das ist wohl einigen Verteilnetzbetreibern auch schon aufgefallen, denn sie bieten Eigenverbrauchs-Gemeinschaften „all-inclusive“ an. Die Namen dafür reichen von „EVG Modell“ über „VNB Praxismodell“ bis zu innovativeren Worschöpfungen wie „Eigenstrom-X“ oder „solarsplit„. Unter der Haube alles dasselbe, nämlich ein vZEV mit integrierter Abrechnung. Und das Gute ist, die Teilnehmer bleiben Kunde des VNB, es reicht eine Unterschrift für den Beitritt zur Gemeinschaft. Der Solaranlagen-Betreiber als EVG Produzent legt den Preis für den Solarstrom fest, der VNB berechnet aus den Zählerdaten den aus der Solaranlage bezogenen Strom und verrechnet diesen den Teilnehmern. Funktioniert übrigens nur mit Smart-Metern der neuen Generation, da die Zählerdaten in Minuten-Auflösung vorliegen müssen.
Insgesamt eine recht einfache und niederschwellige Lösung für die Umsetzung eine Eigenverbrauchs-Gemeinschaft. Wo ist denn der Haken? Natürlich will der VNB für seine Dienstleistung entschädigt werden. Die Art und Höhe der Entschädigung für den EVG Service variiert etwa ähnlich stark wie die Namen für das Angebot. Es kann also durchaus sein, dass ein „echter“ ZEV oder vZEV die günstigere Lösung ist, insbesondere wenn die Verbrauchsgemeinschaft viele Teilnehmer umfasst.
Bei verschiedenen unserer Contracting Projekte haben wir bereits gute Erfahrungen mit EVG Modellen gemacht. Aber natürlich setzen wir auch gerne einen ausgewachsenen ZEV auf, sollte das die bessere Lösung sein.